Dreiaktige Fassung, vervollständigt von Friedrich Cerha

Musikalische Leitung Daniel Cohen / Jan Croonenbroeck
Bühne Paul Zoller
Kostüme Julia Rösler
Dramaturgie Isabelle Becker
Licht Heiko Steuernagel
MIT Juliana Zara
Katrin Gerstenberger
Lena Sutor-Wernich
Oliver Zwarg
Uwe Stickert
Peter Lodahl
Sten Byriel
Georg Festl
Theodore Browne
Johannes Seokhoon Moon
Thomas Mehnert
Akt Hashimoto
Ingrid Katzengruber
KS Elisabeth Hornung
Jared ICE
David Pichlmaier
Frauenkollektiv (Statisterie): Johanna Ahlbrecht, Serafina Bach, Roma Baumert, Niloofa Bijanzadeh, Agata Demel, Karina Gesser, Miriam Hahn, Jeanine Köhler, Erika Langohr, Ulrike Liebig, Saskia Ponzi, Anna Schütz, Elke Seipel, Petra Stiller, Berit Tolksdorf, Aslihan Uca, Maria Varga, Yanna Vick

Staatsorchester Darmstadt

Fotos Nils Heck

KRITIKEN

„Das Rätsel Frau. Eva-Maria Höckmayr zeigt am Staatstheater Darmstadt eine hochkonzentrierte Lesart von Bergs ‚Lulu‘.

(…) Dass eine Frau die ‚Lulu’ inszeniert, das ist keine Besonderheit mehr. Trotzdem ist man vielleicht, im Falle eines Falles, besonders neugierig. Und Eva-Maria Höckmayr enttäuscht die Neugier nicht. Packend ist ihre hochkonzentrierte Lesart, in perfekter Verbindung mit einer Sternstunde des Staatsorchesters unter der Leitung von GMD Daniel Cohen. (…) Es wird keine Aufführung einer Zwölftonoper geben, in der sich nicht einige trollen, aber weniger Gründe werden sie selten dafür finden. Doch hier: ein Abend aus einem Guss. (…) Zum Prolog in der Manege treten die 18 Darmstädterinnen auf, die Höckmayr zu Beobachterinnen bestimmt hat. (…) Lulu, von Männern angeglotzt, ist dadurch nicht nur nicht allein. Es sind auf einmal auch die Männer, die wiederum von den Frauen gesehen werden. Dies vollzieht sich ruhig, ohne Aggression. (…) Sie sind Zeuginnen. Ganz am Ende werden sie den Blick auf uns, das Publikum, richten, es wird ein forschender und herausfordernder Blick sein. Einmal stellen sie sich ritualhaft schützend um die auf dem Podest wie in Trance befindliche, an Marionettenfäden tanzende (oder zappelnde) Lulu herum. (…) Als würde ein Gleichgewicht wiederhergestellt, mit dessen sich die Geschichte – wie die Musik – natürlich und klassisch entwickeln kann. (…) Es darf gelacht werden in dieser Darmstädter ‚Lulu’, und es nimmt dem Stück wie der Inszenierung an Wirkung dabei keineswegs etwas weg. Nein, im Gegenteil, der Abend wird durch sein humorvolles Schimmern schwerer, wichtiger – und scheint näher dran an Wedekind. Nicht nur Lulu darf ein Rätsel bleiben. Auch Höckmayr liefert Rätselbilder (…). Es ist als sollte auf allen Ebenen auch dem Recht auf letzte Geheimnisse Raum gegeben werden.“

OPERNWELT/FRANKFURTER RUNDSCHAU. Judith von Sternburg, 14.3.23

„Regisseurin Eva-Maria Höckmayr zeigt (Lulu) als Virtuosin der Selbstausstellung. Lulu choreografiert sich und ihre Beziehungen geradezu vom Sockel herab. Immer wieder funktioniert sie ihn zur Bühne um, auf der sie sich erlaubt, souverän mit Männerphantasien zu jonglieren und sie gegeneinander auszuspielen. (…) Höckmayr hat ein die Handlung beobachtendes und begleitendes Kollektiv ersonnen und ihm die Aufgabe erteilt, die sich bis heute fortschreibende Gewalt gegen Frauen zu bezeugen.“

DIE DEUTSCHE BÜHNE. Michael Kaminski, 13.3.23

„Dämon Frau neu gedeutet.

Für eine Inszenierung dieser Frauenbiografie bietet sich der Ansatz der ‚femme fatale’ geradezu an. (…) Eva-Maria Höckmayr hat diese Deutung letztlich als patriarchalische Selbstentlastung entlarvt. (…) auch die Täter- und Opferrollen werden nicht nach Kategorien der Schuld geordnet und vorgeführt, sondern als geradezu schicksalhafte Zuschreibungen aufgrund einer gesellschaftlichen Situation, eben der unterschiedlichen Rollenverständnisse von Männern und Frauen. (…) Die Sänger und Sängerinnen zeigen in dieser Inszenierung durchgehend hervorragende Leistungen.“

EGOTRIP, 26.3.23

„Eine Regie-Idee, die aufgeht (…) So sehr es Wedekind und Berg darum ging, ihrer Gesellschaft den Zerrspiegel vorzuhalten: Auf der Bühne wird die Hauptfigur doch vor allem als Objekt männlicher Begierden vorgeführt. Den allfälligen Konstruktionen der Sorte ‚Vamp‘, ‚Kindfrau‘,‘femme fatale‘ setzt Regisseurin Eva-Maria Höckmayr daher einiges an klugen Ideen entgegen. Das Kollektiv der 18 Darmstädter Frauen ist die gewichtigste. Sie spiegeln die Hauptfigur, verstärken deren Ängste und Lüste, vervielfältigen die Perspektiven: Diese Lulu ist kein Archetyp und kein Einzelschicksal; ihre Geschichte wird als Teil eines kollektiven Traumas erzählt. (…) So schaut man den Projektionen bei ihrer Entstehung zu und staunt über die Kondition der Künstlerin.“

DARMSTÄDTER ECHO. Thomas Wolff, 15.3.23